Es gibt nun hin und wieder schon Tage, an denen eine Ahnung von Vorfrühling in der Luft liegt. Sicher hast du das auch schon gespürt, wenn sich mittags die Luft wärmer anfühlt oder der Wind statt eisiger Kälte lauen Regen bringt. Das sind Zeichen, dass wir ins Holzelement wechseln.
Laut dem chinesischen Kalender beginnt das Holzelement, also der Frühling, schon Mitte Februar kurz nach Beginn des chinesischen Neujahrs und geht bis Mitte Mai. In der Traditionellen Chinesischen Medizin gibt es 5 Jahreszeiten: Frühling (Holzelement), Sommer (Feuerelement), Spätsommer (Erdelement), Herbst (Metallelement) und Winter (Wasserelement).
Das Holzelement in der Natur
Schlagartig und mit Macht möchte die Natur nach der Erstarrung in einem langen Winter erwachen. Der Frühling wird auch das kleine Yang genannt. Zuerst fast unmerklich und dann mit Kraft und Flexibilität entwickeln sich die Pflanzen, trotzdem es Rückschläge mit eisigen Tagen gibt und der Wind oft heftig bläst. Ungehindert will sich das Wachstum entfalten und genauso zeigt sich das Holzelement im Menschen.
Das Holzelement im Menschen
Entsprechend dem Frühling wird dem Holzelement das Lebensalter der Kindheit und frühen Jugend zugeordnet und genauso stürmisch wie die Pflanzen im Frühjahr möchte sich ein junger Mensch entwickeln können. Zuviel Druck in der Erziehung erzeugt Wut und Frustration und die Fähigkeit des Heranwachsenden flexibel aufs Leben zu reagieren wird beschädigt. Deshalb ist gute Erziehung im Grunde nichts weiter als ein gutes Vorbild zu sein, Druck erzeugt nur Gegendruck.
Glücklicherweise überschreiben Erfahrungen im Erwachsenenalter Kindheitserfahrungen. Von Vorteil sind verschiedenartige Erfahrungen, die man den Kindheitserfahrungen entgegensetzen kann, dann sind die Chancen groß, nicht wie in der Kindheit geprägt zu bleiben.
Laut der Traditionellen Chinesischen Medizin, die in einem Zeitraum zwischen 4000 – 2000 Jahren v. Chr. gegründet wurde, sind das Organpaar Leber und Gallenblase dem Holzelement zugeordnet. Emotionen wie Wut und Frustration werden diesem Funktionskreis zugesprochen, aber auch Pläne zu machen und Raum für Impulse zu haben. Blockierte Emotionen sind die größte Ursache für Krankheiten. Deshalb ist es immer, aber speziell im Frühjahr sinnvoll, besonders gut für diese beiden Organe zu sorgen.
In der TCM wird die Leber wie ein General gesehen, der Pläne zur Verteidigung des Landes erarbeitet und den Krafteinsatz der Truppen einschätzt, um die gesteckten Ziele zu erreichen
Die Leber ist ein Entgiftungsorgan und das einzige Organ, das wieder heilen kann, wenn ein Teil geschädigt ist. Sie ist hart im Nehmen und sehr regenerationsfähig, aber trotzdem tut es ihr gut, wenn es Zeiträume gibt, wo sie entlastet wird. In der bildhaften Denkweise der TCM wird in der Leber das Blut gespeichert und nachts in der Zeit zwischen 1.00 und 3.00 Uhr regeneriert. Die Leber regeneriert im Liegen. Genügend „Leberblut“ zu haben heißt, gelassen und entspannt genug zu sein, um den Überblick über die Situation zu haben, die richtigen Entscheidungen zu treffen, den richtigen Moment abwarten zu können und auch die Kraft zu haben, die Entscheidungen in die Tat umzusetzen. Man lässt sich nicht von überschießenden Emotionen leiten.
Die Gallenblase ist im Staate Körper der aufrichtige Beamte, der den Mut hat, Entscheidungen zu treffen und dazu zu stehen
Das Holzelement in der Ernährung
Der saure Geschmack und die Farbe grün sind dem Holzelement zugeordnet. Nicht alle grünfarbenen Lebensmittel, aber alle Lebensmittel, die sauer schmecken, wie Essig, Zitronensaft, Sauerkraut, Brombeeren, Johannisbeeren, Rhabarber, Sauermilch, Yoghurt, Tomaten, etc. gehören ins Holzelement. Frische grüne Kräuter wie Petersilie, Koriandergrün, Sauerampfer, Zitronenmelisse wirken speziell im Holzelement und damit auf die Organe Leber und Gallenblase.
Der saure Geschmack leitet die Energie nach innen und bewahrt die Säfte (das Yin) im Körper. Z. B. der Spritzer Zitronensaft, der Schuss Weißwein, die frische Petersilie, ein Tupfer Sauerrahm oder mitgegarte Tomaten transportieren das Holzelement und setzen erfrischende Geschmacksakzente in jedes Gericht. Im Holzelement gibt es keine thermisch heißen Lebensmittel.
Wärmend und das Blut tonisierend wirken z. B. Huhn und Petersilie. Sehr kühlend wirken rohe Tomaten und Joghurt, deshalb sollten Tomaten generell gekocht werden und Joghurt sollte je nach Konstitution eher wenig gegessen werden.
Woran erkennst du ein unausgewogenes Holzelement?
- Wutanfälle
- Intoleranz
- Starrheit, Sturheit
- mangelnde Aufrichtigkeit, fehlende Standhaftigkeit
- Konformismus, Überangepasstheit
- zwanghafter Perfektionismus
- Mangel an Kreativität und Entfaltung
- Rücksichtslosigkeit, Machtbesessenheit (Leber-Yang-Fülle)
- Antriebslosigkeit durch Frust (Leber-Qi-Stau)
- Hemmungen
- die Fahne nach dem Wind hängen
- Entscheidungsprobleme
- Feigheit
- Hass
Was unterstützt Leber und Gallenblase?
- Vermeiden von stark gewürzten Speisen, scharf-heissen Gewürzen, Knoblauch
- Vermeiden von Alkohol und zu viel Kaffee
- Vermeiden von Fritiertem, Gegrilltem, mit Sahne und Käse Überbackenem
- Vermeiden von Wurst, großen Fleischmengen, fetten Speisen
- Vermeiden von Brotmahlzeiten und trockenen Speisen
- Vermeiden von zu viel Verschiedenes durcheinander essen wie bei einem Buffet
- Vermeiden denaturierter Nahrung wie Mikrowellen- und/oder Tiefkühlkost
- Vermeiden von spätabends oder nachts essen
- Vermeiden von Essen unter Zeitdruck oder Stress
Stattdessen sind einfache frisch gekochte Mahlzeiten empfehlenswert, das Gemüse im günstigsten Fall dämpfen. Alles frische Dunkelgrüne wie bittere Blattsalate, Löwenzahn, Frühlingszwiebeln, Rettich- und Radieschensprossen wirken wohltuend auf den Funktionskreis Leber/Gallenblase. Als Gewürze kannst du den Abrieb von (Bio)Zitrusfruchtschalen verwenden, Zitronen- und Limettensaft, Kurkuma oder möglichst bittere Grapefruits essen, z. B. im Blattsalat. Bekömmlicher als Branntweinessig ist Reisessig oder Apfelessig.
Um den Leber-Qi-Stau zu lösen sind Getränke wie Wermut-Pfefferminztee, Sellerie-Algen-Dekokt, Blütentees oder Kamillentee empfehlenswert.
Alkohol wirkt zunächst entspannend auf die Leber, deshalb birgt er ein großes Suchtpotential. Langfristig erzeugt er Feuchte Hitze und ist deshalb kontraproduktiv
Ganz wichtig ist Entspannung!
- Viel Spazierengehen in der grünen Natur
- Tanzen, Singen oder Malen, wem das liegt
- Nackenmassagen mit Pfefferminzöl
- regelmäßig Pausen machen!
- Übungen z. B. im Yoga, die den Leber- und den Gallenblasenmeridian dehnen
- Entspannungsmethoden wie Qi Gong oder Muskelentspannung nach Jakobsen
Das Thema Leber-Qi-Stau ist mir sehr wichtig, weil er leider ein weit verbreitetes Symptom in unserer Gesellschaft ist. Verursacht wird er durch falsch verstandene Erziehung, Leistungsdenken, Zeitdruck und Stress. Jeder Einzelne muss immer wieder selbst dafür sorgen, vom Alltagsstress nicht absorbiert zu werden und Zeitpunkte einplanen, wo er wieder zu seiner Mitte findet!
Sehr interessante Ausführungen! Dankeschön! LG Annette
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Sehr gerne! Ich freue mich immer über Interesse an der für mich so plausiblen bildhaften Denkweise der TCM.
LG Ruth
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